Gebet

Vor Dir verneige ich mich, vor Dir, der Du allen Wesen verborgen bleibst und ihnen doch am nächsten bist, vor Dir, der Du über allem schwebst und doch in allem wohnst, vor Dir, der Du der Grösste bist und doch im Kleinsten sogar Deine Liebe keimen lässt, vor Dir, den ich liebe, bestaune, verehre, ich, der ich nichtig bin in all meinem Wirken und Werken, so nicht Deine Kraft mir Kräfte verleiht. Ich liebe Dich, Allmächtiger, ich werde Dich immer lieben und hoffe, Dir auch in allem zu Willen zu sein. Und sollte ich darin fehlen, so möchte ich immer bereit sein, das Verfehlte wiedergutzumachen. Lieber, Liebster, Grossartigster, Gütigster, Liebendster! Ich weiss, dass selbst alle unsere Leiden, unser Zittern im glühenden Alltag, notwendig sind, um einmal ganz mit geöffneten Sinnen und durchlebtem Mitverstehen in Deinem grossen Atem wachend wirken zu dürfen, denn nur wenn wir das Schmerzlichste durchlitten, können wir auch im Anschauen des Ewigen Deine Liebe und Güte mit Staunen verstehen. Darum läss mich leiden, wenn ich dadurch eine höhere Erkenntnis Deiner Grossartigkeit erringen kann, lass mich dürsten, wenn ich dadurch angetrieben werde, nach der Quelle alles Werdens und Waltens zu suchen, um einst daraus trinken zu dürfen, auf dass ich weiser, demütiger und liebender werde in dem Begreifen Deiner urewigen Liebe.

Raunt es mir doch schon seit Jahren in den Sinnen, ein Epos zu schreiben über einen Deiner unsterblich-irdisch Sterblichen. Er war kein Grosser im Dichten, und doch dichtend kämpfte er, er war kein Gewaltiger im Leben, und doch mit Kühnheit lebte er, er war kein Weiser im Lieben, und doch mit Mächtigkeit liebte er. Denn es durchdrang ihn ein Ahnen von Dir und dem Deinen, von sich und dem Seinen und dem All-Einen. Möge er, der kühn kämpfende und liebende Held, durch die vielen Herzkammern dieses Buches der Liebe gehen dürfen, nicht wie ein Flüchtender, sondern vielmehr als ein Kommender und gern Empfangener, der dem Leser immer etwas mitzubringen hat. Denn im Schenken fand er Beglückung. Möge also auch der Leser beglückt werden und oftmals selbst ein Schenkender sein dürfen.

Möge dieses Buch ein Wahrheitsbuch werden, nicht so sehr, dass es nun Wahrheit künde, sondern dass es viele Türen bieten möge, durch die der Leser sich „seine“ Türe öffnen kann, hinter der er den Weg nach „seiner“ Wahrheit vermutet, der er zustreben mag, denn jeder Weg - ist er nur in Liebe begangen - führt zu Dir. Und sollte er auf seinem Wege, so er nach oben führt, zu einem Gipfel gelangt sein, so läss ihn in der Ferne andere Gipfel von noch grösserer Höhe und Herrlichkeit erblicken, und gib ihm den Wunsch ein, auch den anderen Berg zu besteigen und wieder den anderen, denn jede höhere Gipfelbesteigung ist ein Näherkommen, ein allmähliches Nachhausekommen in Deine Arme der Liebe.

0 Allmächtiger, gib mir, der ich in Demut darum bitte, die Kraft, dieses Werk zu vollbringen, das mir schon vor meiner letzten Erdgeburt aufgetragen war. Gib mir das Wissen, dass ich wissend weiter weisen darf, gib mir den Mut, dass ich mit Mut Mut geben kann, und schenke mir von Deinem Vertrauen, damit der Leser auch mir vertrauen wird. Denn suchte ich nicht lange, bis ich mit Deiner Gnade finden durfte? Mögen auch andere meiner Brüder und Schwestern durch dieses Buch ermutigt werden weiterzusuchen, bis sie einst Dich in sich selbst entdecken dürfen.

Möge ich mit Fleiss meine Arbeit verrichten und nicht müde werden noch verzagen. Möge ich über Geduld und Ausdauer verfügen, damit ich nicht übereile oder gar kürze. Gütigster, Liebster, ich weiss, dass ich ohne den mir dargereichten Trunk aus dem Brunnen Deiner Wahrheit und Liebe ein purer Dilettant des Schreibens wäre, denn mein aus eigenem Vermögen Erbautes würde schnell zusammenfallen. Lass mich, wenn auch mit Hilfe der in Deinem Licht schon Wandelnden, nichts Vollendetes schaffen, damit für den Leser immer noch genug zum Vollenden übrig bleibe. Möge dieses Werk auch in manchem misslingen, damit ich berechtigt und in Demut sagen kann: Seht, wie gering doch das „Meinige“ als Anteil am Gesamtwerk ist, fehlt es doch hier und dort am ein oder anderen. Möge ich lieber Dinge auslassen, als nur ein Wort zuviel schreiben. Doch davor behüte mich. Möge ich mich in allem kurz fassen können, möge ich vergegenwärtigen dürfen, was sonst das Prisma der Zeit in die Vergangenheit und Zukunft gestreut hat. Möge ich das Weitgestreute verdichten, damit es sich mit Macht auf das Wesentliche konzentriere. Möge die Seele „des“ Menschen sich vor dem geistigen Auge des Lesers entfalten, damit er sich in ihr wiedererkenne und wissen möge: Wir sind eins. Denn in jede einzelne Seele ist ein Teil des Ganzen hineingewoben. Möge er lernen und helfen, das Dunkle in ihr zum Licht der Liebe zu führen.

Möge die Flamme Deiner Liebe in ihm wie in mir immer grösser werden und uns ganz erwärmen und mit wunderbarer Gewissheit durchglühen, und mögen wir dann dieses Dein Licht, so wir genügend Kraft gewonnen haben, auch in Finsternisse tragen, wo vielen Seelen noch Licht werden muss, dass sie sich den Mächten der Dunkelheit ergaben. Mögen wir alle zu Liebenden werden und in Liebe durch die Liebe und für die Liebe uns ereifern, damit sich Dein Licht der Liebe in allen unseren Herzen mächtig leuchtend verkünde. Ich liebe Dich. Ich danke Dir. Amen.